In der letzten Woche sind meine Projekte in der Casa de la Cultura zu Ende gegangen und ab Freitag geht es mit neuen los. Das hieß für mich Abschied nehmen von den Schulkindern in Alausí, den Senioren in Ilapo konnte ich wegen Transportschwierigkeiten am Donnerstag leider nicht persönlich Tschüss sagen. Am Freitag hat mich dann ein Studentenkollege in die Uni eingeladen und dort durfte ich die Professoren und restlichen Studenten kennenlernen sowie mir ihre Arbeiten ansehen. Außerdem habe ich am Freitag über eine Militärveranstaltung mitten in der Innenstadt gestolpert. Das war eine sehr seltsame Erfahrung, die für mich vollkommen neu war, da Militär Zuhause in Deutschland ja ziemlich von der Öffentlichkeit ferngehalten wird. Hier aber werden ganz selbstverständlich auf dem zentralen Platz der Stadt Waffen aufgefahren, wirklich fremd...und ehrlich gesagt ein wenig bedrückend. Es wurde eine Schlacht aus dem Cenepa-Krieg mit Peru von 1995 nachgespielt und dann wurden die Namen der damals Gefallenen vorgelesen. Ein Video findet ihr im Videoblog (shorturl.at/gjnH8). Am Samstag haben wir uns dann wieder vor Sonnenaufgang unser Tourileben begonnen, diesmal ging es für uns nach Cuenca. Die Fahrt war ein wenig nervenzermürbend (muss man wirklich um 7 Uhr morgens eine halbstündige Pause machen, damit alle Reis essen können?! Nehmt euch doch einfach ein Brötchen mit...) und vor allem sehr lang und so waren wir erst mittags da. Den restlichen Tag haben wir dann genutzt, um die Stadt zu erkunden, von der wir jetzt bestätigen können, dass sie die schönste in Ecuador ist. Diese meine Einschätzung mag aber auch zu einem Teil daran liegen, dass sie verdammt europäisch aussieht. Es gibt einige Radwege, enorm viele alte Kolonialstilhäuser und wegen des Tourismus natürlich auch jede Menge Weiße. Sogar eine moderne Straßenbahn fährt in Cuenca, bei der ich natürlich sofort überprüft habe, ob sie von Bombardier Bautzen gebaut wurde. Überraschung: nein. Am Sonntagvormittag waren wir dann noch im Museum Pumapungo, wo es neben einer ethnografischen Ausstellung auch Ruinen einer Inkaanlage aus Kaserne und Sonnentempel zu betrachten gab. Anschließend ging es für uns dann schon wieder zurück nach Riobamba.
0 Comments
Vom neunten bis dreizehnten Januar fand das Weltwärtszwischenseminar in einem Kloster in Baños in unserer Nachbarprovinz statt. Dort trafen wir drei Freiwillige aus Quito und drei aus Kolumbien wieder, die wir auf den SDFV-Vorbereitungsseminaren kennengelernt hatten. Das war super toll, denn natürlich gab es viel zu erzählen und ganz nebenbei habe ich mich auch sehr Zuhause gefühlt. Mit verschiedenen Methoden haben wir uns dann mit den Themen "Was ist schon passiert?", kulturellen Unterschieden, schwierigen Momenten und anderem beschäftigt. Am Donnerstag hatten wir einen freien Nachmittag und sind zusammen zu einem Wasserfall geradelt. Mit vier Freiwilligen bin ich noch bis Montag in Baños geblieben. Am Samstag haben wir noch eine Therme besucht, die in Teilen direkt mit Wasser aus dem stadtbildprägenden Wasserfall betrieben wird. Am Samstag haben wir dann eine Tour in den Regenwald unternommen, bei der wir zunächst ein indigenes Dorf besichtigtt haben (was mir weniger gefallen hat, weil es mir wie ein Menschenzoo vorkam), dann mit einem Einbaum über den Rio Puyo gefahren sind, zu einem Wasserfall gewandert sind, darin gebadet, einen Aussichtspunkt über den Regenwald und eine Kakaofarm besucht haben. Unsere Wandergruppe war dabei sehr klischeehaft touristisch: Wir, zwei deutsche Richkids, ein amerikanisches Ehepaar und ein Arzt ohne Grenzen samt ecuadorianischer Freundin. Wohl gefühlt haben wir uns trotzdem. Am Sonntag haben wir dann noch einen Berg am Rande von Baños bestiegen, wobei wir in weniger als 2 Stunden knapp 700 Höhenmeter gemacht haben. Das war schon ziemlich anstrengend, für den Ausblick hat es sich aber sehr gelohnt. Auf der Tour am Samstag habe ich übrigens traditionelle Nasenmedizin probiert und bin dabei fast gestorben. Wer das gerne sehen möchte, kann sich gerne mal den Videoblog ansehen. Der ist jetzt für alle verfügbar, den Link findet ihr oben (oder in der mobilen Version unten) oder hier: shorturl.at/gjnH8 Am Mittwoch sind Tineke und ich dann sehr hoffnungsvoll und trotzdem mit ziemlichen Bauchschmerzen nach Quito gefahren, um erneut zu versuchen, endlich ein Visum zu bekommen. Zu unserer großen Freude hat das dann auch geklappt, und wir haben uns auch gleich noch eine Cédula, also quasi einen ecuadorianischen Personalausweis besorgt. Ich darf jetzt theoretisch bis Ende Oktober im Land bleiben, aber keine Sorge, ich komme natürlich trotzdem, wie versprochen, schon Mitte August zurück. Also hoffentlich. Am Samstag dann nahm uns Angel, ein Student hier aus Riobamba, für einen Tag mit nach Tena, in die Region "Oriente". Hier hatte ich dann also meinen ersten Kontakt mit dem Regenwald und war hellauf begeistert. Das Klima war sehr gewöhnungsbedürftig, denn von unserer Ankunft um 7 Uhr bis etwa 13.30 Uhr regnete es ununterbrochen, war aber trotzdem unglaublich warm. Die Sonne kam erst gegen 15 Uhr mal zum Vorschein, ansonsten war der Himmel vollkommen von einer dichten Wolkendecke verschleiert. Wir haben zunächst die Stadt besichtigt, dann einen stadtnahen Amazonaspark und sind anschließend mit dem Bus bis an die Grenzen des richtigen Regenwaldes gefahren. Das Gefühl, dort zu sein, ist wirklich ziemlich krass. Vorstellen, wie groß dieser Wald insgesamt ist, kann ich mir absolut gar nicht. Aber ich weiß definitiv, dass ich nochmal hierher muss. Dann ja vielleicht mal von der anderen Seite. Anschließend haben wir noch gegessen, bevor wir uns auf den Rückweg nach Riobamba gemacht haben, wo wir um 3 Uhr morgens ankamen, vierundzwanzig Stunden nachdem wir losgefahren waren. Das war sicherlich einer der anstrengendsten Tage in Ecuador bisher, aber gelohnt hat er sich einhundertprozentig. Wer mich übrigens eine lebende Larve essen sehen will, sollte mal meinen Videoblog besuchen. So, zwei Wochen später ist es jetzt wirklich mal Zeit für ein Weihnachtsupdate. Trotz umfassender und allgegenwärtiger Dekoration auf europäischem Niveau hatte sich bei mir eine Weihnachtsstimmung bis zum Schluss nicht eingestellt, dafür war es einfach zu warm, zu hell und zu weit weg von Zuhause. Sehr gefehlt haben mir vor allem die deutschen Advents- und Weihnachtslieder. Am Abend des Vierundzwanzigsten haben wir dann mit unserer Gastfamilie Zuhause Weihnachten gefeiert, es gab Truthahn sowie Geschenke für die Kinder und uns :). Tineke und ich hatten vorher ein wenig Angst, dass wir bei einer Familienfeier etwas im Wege wären, das hat sich aber nicht bestätigt und es war viel schöner, als wir erwartet hatten. In der Nacht haben Tineke und ich dann noch zu zweit kurz auf deutsch gefeiert - mit Weihnachtsliedern natürlich. Am fünfundzwanzigsten Dezember wollte ich als guter Katholik dann einen Gottesdienst besuchen, da ich mit dem Wunsch und ohne konkretes Ziel aber in einen Arbeitskollegen hineinrannte, saß ich kurzum statt in einem katholischen in einem baptistischen. Am Nachmittag haben Tineke und ich uns dann noch mit Jantien, der dritten deutschen Freiwilligen in Riobamba, getroffen und zu dritt noch einmal Geschenke ausgetauscht. Silvester ließ ich dann ruhig angehen. Zunächst habe noch im Bett mit Wiebke das neue Jahr in Taiwan begonnen. Dann haben Tineke und ich uns in der Innenstadt Nudeln zum Mittagessen gegönnt, was uns - weil wir, was Nudeln betrifft, hier absoluten Mangel leiden - wie ein Festessen vorkam. Anschließend haben wir dann noch zu zweit das Jahr reflektiert, bis es so spät war, dass ich - diesmal mit meiner Familie - schon den nächsten Jahreswechsel feiern konnte. Wir haben uns dann wieder ins Zentrum aufgemacht und uns angeschaut, wie scharenweise Männer, als Frauen verkleidet, die Straßen betanzten. Ein paar Videos davon gibt es auch im Videoblog. Um Mitternacht gab es dann natürlich Feuerwerk und überall wurden Puppen verbrannt, die für alles Schlechte des vergangenen Jahres standen. Obwohl es mir hier in Ecuador sehr gut gefällt, freue ich mich auch, dass 2023 das Jahr ist, in dem ich zurück nach Deutschland komme, denn gerade über die Feiertage ist mir bewusst geworden, wie sehr ich es doch manchmal vermisse, wirklich Zuhause zu sein. Am Dienstag letzte Woche bin ich dann das erste Mal mit einem Team von der Casa de la Cultura und Lehramtsstudenten der Universidad Nacional de Chimborazo (UNACH) nach Alausí gefahren, eine Stadt am anderen Ende der Provinz Chimborazo. Hierhin geht es für mich jetzt jeden Dienstag, um an zwei Schulen Kinder in Malen, Zeichnen, Musizieren und Tanzen zu unterrichten. Die eigentliche Arbeit übernehmen dann die Studenten, für die diese Arbeit so etwas ähnliches ist wie das Referendariat in Deutschland. Ich assistiere dabei und bringe den Kindern nebenbei etwas über die deutsche und englische Sprache und europäische Gebräuche bei. Am Donnerstag war eigentlich geplant, dasselbe mit der mit schon bekannten Seniorengruppe in Ilapo zu beginnen, als wir allerdings ankamen, stellte sich heraus, dass dort nur Geburtstag gefeiert wurde. So assistierten ich und die Studenten also stattdessen beim Dekorieren und wurden als gelenkigste Anwesende stark in die Partyspiele eingebunden. Am Sonntag sahen wir uns dann das Finale der Fußballweltmeisterschaft in einem Restaurant in der Innenstadt an. Zur Freude der Equadorianer hatte es der nationale Favorit Argentinien ja ins Finale geschafft und die Stimmung war entsprechend bombastisch. Jede Ballberührung Messis löste allgemeine Ekstase aus. Als ausgerechnet Messi dann in der Nachspielzeit mit dem 3:2 das vermeintliche Entscheidungstor schoss, war niemand mehr zu halten. Ein Video davon gibt es im Videoblog. Nach dem Spiel machten Tineke und ich uns mal wieder auf den Weg nach Quito, wo wir am Montag unser Visum abholen wollten. Wegen fehlender Unterlagen von CONSISA hat das leider nicht geklappt, und wir müssen bald noch einmal hin, aber zumindest haben wir eine Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung bis zu sechzehnten Januar bekommen und müssen Weihnachten nicht in Abschiebehaft verbringen. Den nächsten Blogeintrag werde ich dann sicherlich erst nach Weihnachten schreiben, also wünsche ich euch allen an dieser Stelle schon einmal ein schönes Fest und liebe Weihnachtsgrüße vom Äquator.
Seit letztem Freitag hatte mich eine Erkältung stark im Griff. Deswegen habe ich mich bis Mittwoch größtenteils ausgeruht und nichts spannendes unternommen. Am Donnerstag war ich dann Teil eines Dreierteams von der Casa de la Cultura, das an einer Grundschule mit Kindern gemalt hat. Spannend war, dass es sich um eine bilinguale Schule handelte, an der neben Spanisch auch Kichwa (heißt in Deutschland meistens Quechua) gesprochen wird. Am Donnerstagnachmittag bin ich dann mit Tineke nach Quito gefahren, um dort am Freitag am Weltwärtstag teilzunehmen. Wir sind am Veranstaltungsort untergekommen, in einem Kloster der Hermanas Bethlemitas untergekommen. Der Freitag begann dann um sieben Uhr mit dem Frühstück und ab kurz vor acht kamen dann auch die anderen Freiwilligen, insgesamt waren wir ca. 140 bis 170. Das Programm begann mit einem Vortrag des Botschafters und einer anschließenden Fragerunde. Danach gab es von einem Botschaftsmitarbeiter einen Sicherheitsvortrag und ein kleines Frühstück. Den restlichen Vormittag verbrachten wir mit einem Tanzworkshop, einem Kochworkshop und einem weiteren Sicherheitsvortrag durch die Policía Nacional. Als der etwas früher zuende war, haben wir uns noch gemeinsam angeschaut, wie Kroatien Brasilien im Elfmeterschießen aus der WM kegelte. Das wurde von uns europäischen Freiwilligen sichtbar etwas anders bewertet als durch die ecuadorianischen Polizisten. Nach den Workshops gab es ein indigenes Ritual, bei dem wir Energie aus den Elementen gezogen und in die Himmelsrichtungen gesendet haben (einen Ausschnitt davon gibt es im Videoblog). Danach gab es noch Mittagessen und anschließend ein offenes Ende. Ich habe sehr viele coole Leute kennengelernt und Kontakte geknüpft. Für alle, die nicht ganz mitgekommen sind: Weltwärts ist ein Programm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Mein Freiwilligendienst wird davon gefördert, genau wie der von über 150 weiteren Menschen in Ecuador und tausenden in anderen Ländern. Der Weltwärtstag in Quito war also ein großes Zusammentreffen der durch dieses Programm geförderten Freiwilligen in Ecuador.
Übrigens: Weltwärts zahlt bei weitem nicht alle Kosten, die für meinen Friedensdienst anfallen. Deswegen bin ich auch auf Spenden angewiesen, und die zur Refinanzierung meiner Stelle hier benötigte Summe ist noch lange nicht erreicht. Wenn ihr also mich, pax christi oder die Entwicklungshilfe durch Freiwilligenarbeit genrell unterstützen wollt, oder euch einfach mein Blog gefällt, schaut euch doch bitte noch einmal an, wie ihr mich (vor allem auch finanziell) unterstützen könnt, einfach oben auf der Website im Reiter "Helfen". Dankeschön! Für alle Spender (und für die Mitglieder des Unterstützendenkreises) gibt es übrigens auch den Link zum - heute mal wieder erwähnten - Videoblog. Und ganz am Rande: Falls jemand den Link einfach verloren hat, scheut euch nicht, euch bei mir zu melden :). Verzeiht bitte, dass ich mich schon wieder so lange nicht gemeldet habe, jetzt habe ich aber einiges zu berichten: Am Tag nach meinem letzten Blogeintrag fand das Eröffnungsspiel der Fußballweltmeisterschaft in Katar - Katar gegen Ecuador - statt. Ecuador hatte an der letzten WM nicht teilehmen können und da Südamerika ja generell sehr fußballbegeistert ist, war die Spannung sehr groß. Um diese Stimmung besser auffassen und mittragen zu können und damit die Kultur hier besser kennenzulernen, habe ich mich gegen einen Boykott entschieden. Das Eröffnungsspiel habe ich dann mit meiner Gastfamilie Zuhause geguckt. Alle außer ich hatten auch ein Trikot an, ich habe versucht, mich mit einem gelben T-Shirt einzuschleimen. Nach erfolgreichem Spielende wollte ich dann - moralisch ebenfalls fragwürdig - einen Stierkampf besuchen, allerdings waren die Plakate, an denen ich mich orientiert hatte, noch von letztem Jahr, und so stand ich vor einer geschlossenen Arena. Stattdessen nutzte ich dann die Gelegenheit, die Stimmung in der Innenstadt nach dem 2:0-Sieg einzufangen. Das zweite Spiel - gegen die Niederlande - habe ich verpasst, für das dritte Spiel - gegen den Senegal - haben wir uns aber diesen Dienstag extra ein Taxi für den Rückweg vom Kindergarten genommen, um es uns in der Innenstadt ansehen zu können. Als das verloren wurde und Ecuador damit nicht ins Achtelfinale einziehen wird, hat man schon ein Stimmungstief feststellen können, die Ecuadorianer hatten aber schon vorher angekündigt, in diesem Fall zu Argentinienfans zu werden. Solange die also noch drinnen sind, bleibt das Fußballfieber hier also hoffentlich noch erhalten. Am Mittwoch, dem 23.11. war ich mit der Casa de la Cultura unterwegs. Wir haben ein Team aus Quito begleitet, dass Schulen besucht, dort Bücher vorgestellt / -gelesen und Buchsets verschenkt hat. Ich hatte nicht wirklich etwas zu tun, also habe ich einfach ein paar Fotos gemacht. Am folgenden Donnerstag wollten wir dasselbe eigentlich noch an anderen Schulen machen, da gab es aber eine Planänderung, sodass ich spontan einfach den Tag mit Isabel, der "Teniente política" aus Ilapo und ihrem Sekretär verbracht habe. Zunächst sind wir wieder zum Seniorentreff von Ilapo gefahren, wo wir einfach zugeguckt und ein bisschen mit den Leuten geredet haben. Danach sind wir zu wei Bauern gefahren, wo eine Grenze neu gezogen wurde und es gab Mittagessen. Anschließend sind wir in ein Dorf namens Santa Fe de Galán gefahren, wo Isabel eine Besprechung hatte. Als sie wiederkam, hatte ihr Sekretär eine Plastikflasche selbstgemachten Tequila dabei, der anschließend mit jedem Passanten getrunken wurde. Wir sind in eine andere Siedlung gefahren, wo eine Beschwerde wegen eines verpfuschten Straßenneubaus aufgenommen wurde. Das klingt jetzt nicht unbedingt nach einem sonderlich spannenden Tag, aber die Menschen, mit denen ich unterwegs war, waren unglaublich freundlich (ich wurde unter anderem zum Weihnachtsessen eingeladen und bis Nachhause gebracht), weswegen es für mich der tollste Arbeitstag bisher war. Diese Woch hieß es dann Abschied nehmen von unseren Kindergartenkindern. Auch wenn es mir gerade zum Ende hin wirklich nicht mehr viel Spaß gemacht hat, werde ich es ein bisschen vermissen. Diesen Donnerstag war ich dann wieder mit der Casa de la Cultura beim Seniorentreffen in Ilapo. Wir haben Bilder gemalt und ich habe mich das erste Mal als Arbeitskraft wirklich gebraucht gefühlt. Besonders gefreut habe ich mich wieder über die Herzlichkeit der Menschen. Obwohl ich erst zweimal da war, wurde ich beim Hereinkommen direkt mit "Luisito, ¿Qué hacemos hoy?" begrüßt, also in etwa "Luischen, was machen wir heute?". Generell habe ich mich sehr wohl gefühlt. Außerdem bin ich seit zwei Wochen Assistenzlehrer beim täglichen Gitarrenkurs in der Casa de la Cultura. Ich konnte zwar bisher gar keine Gitarre spielen, aber ich helfe dabei, Noten lesen zu unterrichten und kann inzwischen auch auf der Gitare schon einigen Schülern etwas beibringen.
Zwei Wochen "Arbeit" in den Kindergärten liegen jetzt hinter mir. Die Kinder werden jetzt langsam mit uns warm und wir können uns besser auf sie einstellen, was dazu führt, dass es immer besser läuft. Eine Woche haben wir Regenbögen gemalt und dabei die Farben gelernt, in der anderen ein paar Körperteile und dazu "Head, Shoulders, Knees and Toes" gesungen. An den Nachmittagen haben wir uns dann das erste Mal mit Gerardo, dem Chef von CONSISA getroffen, und mit ihm verschiedene mögliche Einsatzstellen besucht, und zwar die "Casa de la Cultura Ecuatoriana" (Haus der ecuadorianischen Kultur) in Riobamba, die Frauenrechtsorganisation "Nosotras con Equidad" (Wir mit Gleichheit) und dem Schulamt in einem Nachbarkanton. Den ganzen November über ist in Riobamba kulturell ständig was los, weil 202 Jahre politische Partizipation gefeiert werden. Am Samstagmorgen gab es einen Festumzug, der mit der Einführung des neuen Bischofs kombiniert wurde und am Abend war ich bei einem öffentlichen Konzert des ecuadorianischen Nationalorchesters und danach noch mit anderen internationalen Freiwilligen (zwei aus Frankreich und einem aus den USA) unterwegs. Am Sonntag wollte ich gern in den Gottesdienst in der Kathedrale gehen und auf dem Weg sind wir dann gleich wieder mal einem Festumzug begegnet. Der Gottesdienst hat dann meine Hoffnungen nicht ganz erfüllen können, zum einen habe ich den Priester schon akkustisch nicht verstanden, vor allem gestört hat mich aber, dass die Gemeinde nicht gesungen hat. Jetzt werde ich in den kommenden Wochen mal herausfinden, ob das eine Eigenheit dieses Gottesdienstes war, oder hier die Norm ist. Diese Woche Mittwoch war am Abend zur "Noche de Mariachis" und am Donnerstag war ich den ganzen Tag mit zwei Frauen von der "Casa de la Cultura" unterwegs, um ihre Arbeit kennenzulernen. Dazu sind wir zuerst in die Parroquia Ilapo gefahren. Dort haben wir uns einer großen Gruppe von Senioren vorgestellt, mit denen wir arbeiten wollen, sowie dem Direktor der örtlichen Schule. Eine der Frauen aus der "Casa de la Cultura" kommt aus Ilapo, und ihre Eltern haben uns zum Mittagessen eingeladen. Sie wohnen in einem kleinen Bauernhaus, in dem der Boden nur aus festgetretener Erde besteht. Das war also mein erster Kontakt mit ärmeren Bevölkerungsschichten. Das Mittagessn war allerdings das umfangreichste, dass ich hier je hatte, unter anderem habe ich das erste Mal Cuy, also Meerschweinchen gegessen (schmeckte ein bisschen nach Fisch). Anschließend sind wir noch durch die Nachbarschaft gewandert und haben uns ein Gewächshaus zum Blumenanbau angeschaut. Zurück in Riobamba habe ich dann noch den Direktor der "Casa de la Cultura" kennengelernt. Während der ganzen Zeit, die seit dem letzten Blogeintrag vergangen ist, sind natürlich auch wieder ein paar Bilder entstanden, die ich euch nicht vorenthalten will. Auch der Videoblog hat wieder ein paar neue Inhalte. Am Donnerstag sind Tineke und ich mit dem Bus über Quito nach Otavalo gefahren. Das ist eine kleine Stadt (naja, immerhin größer als Bautzen) im Norden Ecuadors, in welcher der größte indigene Markt Südamerikas und auch der Welt stattfindet. Deswegen ist sie auch ein ziemlicher Touristenmagnet. Da der Markt am Samstag am größten ist, haben wir die Stadt am Freitag erstmal wieder verlassen. Zuerst wanderten wir zum "Parque del Condor", was schon einmal ein kleiner Kraftakt war (warum könnte Maps wohl für 2 km Strecke 70 Minuten veranschlagen?). Vielleicht hätte man vorher frühstücken sollen... Beim "Parque del Condor" handelte es sich um einen Tierpark für gerettete Vögel, dessen größte Attraktion sicherlich die drei Andenkondore sind. Eigentlich gibt es in Ecuador nur noch vereinzelt Andenkondore und außerdem ist Ecuador das einzige Land, in dem der Bestand weiterhin stark abnimmt. Im Park sahen wir uns eine Flugshow an und danach wanderten wir zu einem Baum, der angeblich magische Kräfte besitzt und auf einem Grab namenloser Kinder steht. Anschließend stiegen wir noch zur Lagune San Pablo herab, wo wir kurz am Wasser verschnauften und uns einen Guanabanasaft gönnten (ich schwöre, diese Frucht ist göttlich), bevor wir uns auf den Rückweg nach Otavalo machten. Am Samstag besuchten wir dann von kurz nach acht bis kurz nach elf Uhr den berühmten Markt, und zwischendurch mussten wir sogar zurück ins Hostel, um mehr Geld zu holen. Vor allem gab es Ponchos (der Platz heißt auch Plaza de Ponchos) und andere traditionell anmutende Kleidungsstücke und Schmuck, aber auch Essen und in den Seitenstraßen auch allerhand modernen Krimskrams wie Handyhüllen und Unterwäsche. Drei Tage der Arbeit im Kindergarten habe ich jetzt hinter mir. Zwar hatte jeder Tag für mich maximal zwei Arbeitsstunden, aber sie waren dennoch viel anstregender, als ich mir das vorstellen konnte. Mit den größeren Kindern haben wir schon englische Grußformeln geübt, mit den kleineren erst einmal versucht, auf Spanisch warm zu werden. Das war nicht sonderlich leicht und einzelne Kinder hatten auch am Ende immer noch Angst vor uns, egal wie oft gesagt wurde, dass wir Freunde sind. Ein Bonuspunkt für mich waren definitiv meine Haare, die allgemeine Bewunderung erfuhren.
Dieser Donnerstag und Freitag sind in Ecuador Feiertage, deswegen ist meine erste Arbeitswoche sehr kurz. Übers Wochenende fahre ich mit Tineke mal wieder in einen Kurzurlaub, spätestens am Montag gibt es dann auch darüber ein kleines Update :). |
Über diesen Link könnt ihr meinen Videoblog aufrufen:
shorturl.at/gjnH8 |